noch ein kleiner "Augenblick" von unserem Hof, wie ich meine Geschichten nenne ( oder auch Träumereien am alten Mühlstein)
Herbstwind
Der Herbstwind heult um das alte Haus. Fensterläden klappern und klopfen rythmisch an die Lehmwände. Die Gardinen bewegen sich im Luftzug, der sich durch die Ritzen geschlossener Fenster zwängt. Gemütlich haben sich die Katzen in die Sessel gekuschelt und lassen sich von der Musik des Windes in den Schlaf wiegen. Schnurrhaare beben und Pfoten zucken in schönen Jagdträumen.
Der eiserne Ofen in der Diele bullert und strahlt angenehme Wärme aus. Erdenmutter öffnet die Tür und legt Holzscheite nach. Der Wind saust in den Kamin hinein. Rauch quillt aus der Ofentür heraus, Funken sprühen. Erdenmutter hustet und schließt die Tür sehr schnell. Hoch lodern die Flammen im Ofen, knistern, sinken zusammen und werden vom nächsten Windstoß zu neuem Leben angefacht.
Samson kommt mit leisem „Dong Dong“ seiner Pfoten die Holztreppe herunter. Er steckt seine Nase an der Tür in den Wind und beschließt lieber im warmen Haus zu bleiben. Bald hört man seine Pfoten eifrig in dem Katzenklo unten an der Kellertreppe scharren. Zufrieden grinsend und erleichtert steigt er die Stufen empor und entschwindet wieder in sein kuscheliges Körbchen, das Erdenmutter ihm ans Fenster gesetzt hat.
Draußen bläht der Wind die Plane des Kürbiszeltes auf. Wimpel flattern im Luftzug, die Spukgestalten darauf heulen mit dem Sturm um die Wette. Das Zelt ächzt und klappert, aber die festen Stangen halten den Ansturm der Elemente aus.
Mit wütenden Fingern ergreift der Herbstwind die letzten Blätter des großen Nussbaumes und reißt sie von den Ästen. Sie taumeln und tanzen zur Erde nieder, um gleich darauf wirbelnd über den Hof zu eilen. Einige Nüsse schlagen noch auf den Boden auf, der Rest einer guten Ernte.
Die Gänse kommen freiwillig von der Wiese in den Hof gewatschelt. Sie hassen es, wenn der Wind ihnen von hinten die Federn aufbläst und beeilen sich, in den Stall zu kommen. Auch die Enten ziehen den Stall heute der nassen Wiese vor.
Es wird Abend. Wolken jagen am Himmel, der Mond scheint zwischen ihren zerzausten Rändern hervor. Sterne beginnen zu erstrahlen. Mit heiserem Schrei breitet der Graureiher seine großen Schwingen aus und segelt, getragen von der Kraft des Windes, zu seinem geschützten Schlafplatz zwischen den hohen Pappeln am Bachufer. Die Wildenten schaukeln gemütlich auf dem Bach und stecken, von der Böschung geschützt, ihre Köpfchen unter die Flügel.
Im Knusperhäuschen erlöschen die Lichter. Langsam kehrt Ruhe ein.
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